Schneeräumung im Sommer

Da staunte ich nicht schlecht, als ich vernahm, dass in den vergangenen Wochen rund 30’000 Pfadis in Goms stationiert waren. Was machen 30’000 Schneeräumungsfahrzeuge mitten im Sommer im Wallis?

Ziemlich flach, ich weiss! Aber als jemand der nie zu den Pfadfindern gehörte, war ich vom Bundeslager doch sehr überrascht. Denn steht die Pfadi für gewöhnlich nicht für den totalen Survival-Trip im Wald, mit Eichhörnchen-Jagd, Wassergewinnung aus Moos und einem selbst gegrabenen Plumpsklo? Ich habe mir sagen lassen, dass letzteres über einen Meter tief sein muss. So ist es später für Tiere nicht erreichbar – nur fürs Grundwasser. Beim Bundeslager in Goms standen ihnen nun aber sanitäre Anlagen, eine Post und sogar eine Migros zur Verfügung. Das ist weit mehr Luxus als im Dschungelcamp. Dort übernachten die Promis zwar in einem Hotel, ernähren sich aber noch von Würmern und getrockneten Körperteilen, welche früher der Fortpflanzung dienten. Kurzum, in dieser Form hätte das Bundeslager auch mir Spass gemacht. Auch die Band HECHT trat auf! Ist ja wie am OpenAir Frauenfeld: tausende Menschen, die trotz der Musik Spass haben. Auch an Nachhaltigkeit ist das kaum zu überbieten. Wo sonst reicht ein Fisch für 30’000 Personen.

Persönlich war ich aber schon sehr erstaunt, dass es auf dem Areal so viele Wegweiser hatte. Sie heissen doch Pfadfinder! Und doch ist ihnen etwas gelungen, woran das Wallis seit hunderten von Jahren scheitert: eine Stadt bauen in der mehr als 30’000 Personen wohnen. Das Lager hatte aber auch einen unwiderstehlichen Reiz. Man wusste von Anfang an, dass der Wohnsitz im Wallis nur temporär ist.

Das Bundeslager zeigte, dass man in der dicht besiedelten Schweiz als Pfadi kaum noch ein Survival-Abenteuer erleben kann. Auch wenn Hemd und Foulard für aussenstehende wie mich gewöhnungsbedürftig sind, sorgt sich die Pfadi aber um das Wohl der Kinder. Dank ihrem unermüdlichen Einsatz erhalten auch solche wie Shania Brülisauer während einigen Wochen einen anständigen Namen.

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