Ich liebe den Herbst. Die Blätter fallen von den Bäumen, ich feiere Geburtstag und die Sommerliebhaberinnen und -liebhaber tragen immer noch kurze Hosen. So weit, so gut – wäre da nur nicht Halloween!
Klar, meine Freude gegenüber orangen Dingen aus Amerika ist in den vergangenen Jahren sicherlich nicht gestiegen. Wenn nun aber Kinder mit fixfertigen Fasnachtskostümen vor meiner Haustüre nach Süssigkeiten betteln, habe ich damit so meine liebe Mühe. Als ich noch klein war, musste ich eine Herbstrübe schnitzen und mit Teelicht bestückt über eine Stunde durchs Dorf laufen. Und das für ein Paar Wienerli mit Brot. Auch wenn es im Songtext heisst: «Räbeliechtli, Räbeliechtli, wenn gosch hei? Wenn dä Biswind chunnt und mis Liechtli löscht, denn gangi wieder hei.», durfte keiner jemals früher nach Hause. Zugegeben, meist haben wir den Biswind durch Herumschwingen des Räbeliechtlis selbst verursacht.
Damit es nun aber auch die Halloween-Kinder nicht so einfach haben, gebe ich ihnen ganz bewusst keine Süssigkeiten. Ich gehe sogar noch einen Schritt weiter und gebe mich als Veganer aus. So können die Kinder meine Hausfassade nicht mit Eiern bewerfen und müssen auf Ersatzprodukte ausweichen. Ist eine klebrige Angelegenheit mit Apfelmus und Haferflocken. Weshalb sich die Kinder noch mit solch altmodischen Protestmethoden beschäftigen, ist mir aber ein Rätsel. Heutzutage gibt es doch viel effizientere Massnahmen. Wäre ich noch ein Kind und bekäme keine Süssigkeiten, würde ich mich beim Nachbarn einfach vor den Hauseingang kleben.
Auch wenn ich befürchte, dass unser Räbeliechtli langsam ausstirbt, hat Halloween dennoch positive Aspekte. Spass haben können endlich auch vegetarische Kinder: Anstelle von Wienerli gibt es am Ende Diabetes. Und auch gegen Foodwaste hilft das neue Brauchtum. Wenn die verkleideten Kinder vor meinem Hauseingang stehen und «Süsses oder Saures» sagen, habe ich endlich eine Verwendung für die überschüssige Süss-Sauer-Sauce meiner letzten Bestellung beim Asiaten.