Einheimisch auf Zeit

Ein Tourismusexperte sagte mir vor Kurzem, dass man Touristen nicht als Gäste betrachten soll, sondern als Einheimische auf Zeit. Wenn das so ist, heisst es dann auch nicht mehr Gasthaus, sondern Heim?

Die Idee, dass ich in meinen Ferien kein Gast mehr sein soll, sondern Einheimischer, finde ich schrecklich. Wenn ich nach dem Weg frage, heisst es doch immer: „Du bisch doch vo do, da söttsch du wüsse!“

Und gerade als Mann finde ich es schon sehr traurig, wenn du plötzlich in einem Hotel zu Hause bist. Schlimmer wird es nur beim Check-out. Der wird zu einer richtigen Tortour, denn bevor du den alten Wohnort abgeben kannst, musst du diesen erst noch gründlich reinigen. Was ich aber weitaus schlimmer finde: Wenn ich in Zürich übernachte, bin ich nun plötzlich ein Zürcher!

Auch eine Woche Ferien auf dem Land wird richtig mühsam. Weil ich jetzt zu den Einheimischen gehöre, muss auch ich am Mittwochabend mit der Männerriege turnen – wie in den meisten Turnvereinen kennt man dies auch unter dem Begriff „Saufen“.

Zu einem ganz anderen Erlebnis werden auch Ferien auf dem Bauernhof. Weil ich kein Gast mehr bin, muss auch ich morgens um 6:00 Uhr in den Stall. Schwierig, denn ich habe gar keine Faserpelz-Jacke von Helly Hansen!

Wenn ich während meinen Ferien zu den Einheimischen gehöre, müsste ich während dieser Zeit nicht auch ganz normal Steuern zahlen? Mit meinem Ferienbudget könnte ich dann nur noch nach Zug. Es ist also wie beim Schlitteln: Wo ich hingehe, entscheidet der Steuerfuss.

Aber egal wo ich übernachte, ich wäre in der Pflicht, Fan vom lokalen Fussballverein zu werden. Gut, der Fall ist für mich klar… Ich gehe nie mehr nach Basel!

Ob es jetzt nun Gäste sind oder Einheimische auf Zeit, die Experten sind sich einig: Touristen brauchen heute viel mehr als ein schönes Hotel, gutes Essen und spannende Attraktionen – man muss sie verblüffen. Sehr viel Erfahrung haben sie damit im Obertoggenburg. Dort braucht man für ein Skigebiet nach wie vor zwei Tickets.

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