Nicht mein Bier!

Mit einem simplen «Oui?» und «Non?» auf zwei Bierflaschen wollte die Migros von ihren Mitgliedern wissen, ob sie in ihren Filialen künftig auch Alkohol verkaufen darf. Doch passt dies zu den Nachhaltigkeitsbemühungen der Migros?

Nicht mein Bier könnte man jetzt denken, aber bei genauer Betrachtung ist die Alkohol-Frage viel komplexer. Kaum auszumalen was passiert, wenn das Verkaufsverbot für Alkohol von 1928 plötzlich aufgehoben wird. Besteht nicht die Gefahr, dass die hochgelobte Generation M mit Alkohol komplett abstürzt? Oder wird sie sich auch in Zukunft «nur» mit Lachgas aus den Rahmbläser-Kapseln zudröhnen? Und was, wenn der Verkauf von Alkohol zu einem Minusgeschäft avanciert und weniger Geld für nachhaltige Projekte zur Verfügung steht? Denn auch in der Migros wäre der Verkauf von Alkohol an Kinder und Jugendliche verboten. Mit den rund 2,3 Millionen Migros-Kindern wäre dies ein echtes Problem. Der Affe auf der Erdbeer-Stängelglace würde sich bei diesem Szenario bestimmt die Augen zuhalten.

Aber auch wenn alles beim Alten bleiben sollte, ist dies nicht wirklich befriedigend. So muss man heute für die Gesellschaftsdroge Nr.1 doch extra noch zum Denner fahren. Auch wenn der Anblick der Kundschaft das Selbstwertgefühl steigert, handelt es sich dennoch um eine zusätzliche Fahrt – im SUV wohlverstanden.

Was auch immer die Auszählung vom 7. Juni ergibt, die Fragestellung «Oui?» und «Non?» impliziert doch bereits, dass es kompliziert wird. Wer Französisch lernen musste, weiss: Ausnahmen gibt es immer! Warum also sollte ich mir Sorgen machen, dass mit dem Alkoholverkauf die Nachhaltigkeitsbemühungen der Migros ins Stocken geraten? Wie alle grossen Detailhändler gibt doch auch der orange Riese die Verantwortung gerne an seine Konsumentinnen und Konsumenten weiter. Deshalb mache ich mich nicht zum Affen und beziehe meinen Alkohol auch künftig mit dem Leiterwagen beim Getränkehändler im Harass. Der Rausch ist genau derselbe, er ist aber bestimmt nachhaltiger!