Neulich sah ich einen Beitrag, in dem eine Hals-Nasen-Ohren-Ärztin sagte, dass Wattestäbchen gefährlich seien und es nicht nötig sei, seine Ohren direkt zu reinigen. Ich bin kein Arzt, aber ist die indirekte Reinigung nicht viel schlimmer? Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie mir meine Ex-Freundin aus Jux mal ungefragt einen feuchten Finger ins Ohr steckte. Gut, kann schon sein, dass ich mit diesem Trend angefangen habe.
Das Prinzip der indirekten Reinigung ist weit verbreitet. Mein Grossvater reinigte auf diese Art sein Auto. Das Auto war so dreckig, dass man nach jeder Fahrt automatisch Dreck nach draussen beförderte.
Auch wenn Wattestäbchen das Infektionsrisiko erhöhen und den Ohrenschmalz tiefer in den Gehörgang schieben, habe ich die Warnungen lange ignoriert. Das Gefühl, wenn man ein Wattestäbchen im Ohr dreht, ist einfach zu geil. Ich wünschte, der Gebrauch von Zahnseide würde sich so anfühlen. Mein Zahnarzt wäre stolz. Ich täte es mehrmals täglich. Wattestäbchen machen süchtig. Auch das Gefühl danach ist grossartig. Ein Blick auf die Watte und ich fühle mich wie der Sieger der Tour de France. Der ist auch gelb.
Es gibt weitaus schlimmere Arten, seine Ohren zu reinigen. Der Vater eines Kollegen nutzt seit Jahren den Stiel eines Kaffeelöffels. Ich hoffe bloss, er muss nie den Löffel abgeben. Einige Leute stecken sich eine Kerze ins Ohr, zünden diese an und hoffen auf dem Kamineffekt – mittels Unterdruck sollen Ohrenschmalz und Verunreinigungen herausgezogen werden. Und einmal im Jahr kriegen sie Besuch vom Kaminfeger. Sich Wachs ins Ohr zu stecken, ist komplett überflüssig. Wenn ich etwas weiss: Ohren wachsen ein Leben lang.
Seit einigen Monaten verzichte ich nun konsequent auf Wattestäbchen. Ich halte mich strikt an den ärztlichen Rat. Sie meinte abschliessend, man solle mit dem kleinen Finger und einem Tüchlein nur noch den Eingangsbereich reinigen. Das ist gewöhnungsbedürftig. Ich brauche jetzt zehnmal länger für die Reinigung des Treppenhauses.